Es ist bekannt, was seit Februar/März 2020 geschah. Pandemie - die grosse Unsicherheit, irritierende Meldungen in den Medien, Lock-Down, Hamsterkäufe, tägliches Zahlenwirrwarr und das Ende von vielen Dingen, die wir alle für normal hielten, waren plötzlich an der Tagesordnung. Aber es gab auch ein grosses Miteinander. Da wurde auf Balkonen gesungen und geklatscht, es bildeten unzählige Gruppen im Internet, die Nachbarschaftshilfe und sonstige Dienst- und Hilfeleistungen organisierten und anboten. Am Anfang...
Dann kam die Zeit, in der viele festestellten, dass eine Pandemie, also dieser Corona-Schrecken kein Hollywood-Drama ist. Da lagen nicht Tausende Tote am Strassenrand. Es war einfach nur unnormal normal. Nur das, was bis 2019 Normalität war, gab und gibt es so nicht (mehr), aber das Leben geht irgendwie weiter.
Nach dem anfänglichen Miteinander wurde die Pandemie zu einem Stück Normalität, bei dem man das Miteinander wieder auf normal reduziert schalten konnte. Man darf wieder (was auch immer), die Weihnachtsmärkte werden wahrscheinlich stattfinden, man fährt/fliegt in den Urlaub, man trifft sich munter und sucht die Normalität, die man früher kannte und die wir alle brauchen. Doch dabei sind einige Leute auf der Strecke geblieben. z.B. ich...
Ich bin 2017 umgezogen und 2018 ziemlich dolle krank geworden. Das hat natürlich nicht geholfen, mich hier schnell zu integrieren oder mich zu engagieren. Neue Stadt, somit kein soziales Umfeld. Shit happens...
2019 konnte ich mich dann zwar wieder etwas bewegen, aber der Hit war es noch nicht. Und dann kam 2020.
Ich habe mich wegen der Pandemie sogar bei Facebook angemeldet und so, welch Glück, eine tolle Einkaufshilfe gefunden. Ich weiss aber von vielen, die nicht einmal Internet haben. Die hatten das Glück nicht. Inzwischen, seit dem Sommer, lebe ich mit meinem Mann auch wieder etwas „normaler“ - wir kaufen wieder selber ein.
Ich habe immer wieder gesehen und gehört, dass Leute Videokonferenzen machen oder Online-Kurse, aber ich weiss nicht wie das geht. Damit bin ich bestimmt nicht alleine. Ich fand und finde es total frustrierend und traurig für mich, immer wieder zu sehen dass sich Leute so virtuell treffen und tolle Dinge machen, Spiele, Kurse etc. Blöd nur, wenn man es nicht kann und es niemanden gibt, der es einem erklärt. Das lässt einen total traurig in der Ecke stehen.
Ich würde gerne etwas unternehmen, mich mit Menschen austauschen und überhaupt etwas von der alten Normalität zurückbekommen, aber ich habe durch meine Erkrankung eine Immunschwäche und mein Mann ist seit Monaten Chemotherapie-Patient. Ich traue mich nicht mit anderen in einem Bus eine Vergnügungsfahrt zu unternehmen. Ich traue mich nicht fremde Menschen in einem geschlossenen Raum zu treffen. Ich bin mehr oder weniger seit 1 1/2 Jahren im Dauer-Lock-Down.
Fast mein ganzes Leben, seit meiner Kindheit, habe ich mich für viele Dinge engagiert und eingesetzt. Jetzt traue ich mich nicht einmal mehr ins Theater oder ins Restaurant. Noch schlimmer - ich habe, abgesehen von meinem Mann, niemanden, mit dem ich diese, meine Ängste thematisieren kann. Ich bin in vielen Bereichen verunsichert und alleine. Aber ich bin mir auch sicher, dass es viele andere Menschen gibt, denen es ähnlich geht.
Natürlich hat jetzt nicht jeder das Pech, dass er kurz vor oder während der Pandemie umgezogen ist und somit das soziale Umfeld weit weg ist. Aber ich bin mir sicher, dass es viele Menschen gibt, die gerne etwas mehr Normalität hätten, sich aber nicht trauen oder wissen, wie man das ändern kann. Ich bin mir sicher, dass es neben mir, noch viele andere Menschen gibt, die sich völlig allein gelassen fühlen, weil sie sich nicht mit sozialen Medien oder Computer auskennen oder die niemanden haben der ihnen z.B. Videokonferenzen erklärt.
Nein, die Corona-Pandemie muss man nicht erklären, aber z.B. wie man mit andern mittels Video-Konferenz in Kontakt tritt. Oder wie man Leute, die auch sehr vorsichtig sein wollen, trotzdem treffen kann. Oder wie man trotz seiner Ängste wieder etwas Normalität bekommt.
Das muss doch verdammt nochmal möglich sein... auch, wenn man, im Gegensatz zu anderen die Situation nicht für normal hält.
Ich möchte gerne etwas tun! Ich möchte gerne etwas leben! Ich möchte gerne Menschen kennen lernen, denen es ähnlich geht.
Und vielleicht, wenn ich das dann für mich hinbekomme, kann ich anderen endlich wieder helfen. Denen, die auch irgendwo hoffen, ein kleines Stück Normalität zurück zu bekommen.
Das kann ich nur nicht alleine. Aber wo finde ich Menschen, die, nachdem das Klatschen aufgehört hat, sich ähnlich alleine, wie ich fühlen oder Verständnis dafür haben und Leuten wie mir/uns helfen? Ehrlich gesagt habe ich Angst und Vorbehalte diese meine Gedanken über Facebook zu kommunizieren. In meinem Blog habe ich (man glaubt es kaum) damit weniger Probleme.
Ich fühle mich absolut hilflos weil ich nicht weiss, wie ich alleine meine Situation verändern kann. Ich möchte aber, verdammt noch mal was tun!
Es gäbe da noch so viel zu sagen...
So, wie es momentan ist... das ist doch nicht normal!